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PolitikAsien

Peking und Riad bekräftigen Partnerschaft

9. Dezember 2022

Der Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Riad zeigt, wie sehr nicht nur Saudi-Arabien, sondern der gesamte Nahe Osten in den Fokus Chinas rückt. Neben wirtschaftlicher geht es auch um politische Annäherung.

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Mohammed bin Salman begrüßt Xi Jinping per Handschlag in Riad
Mohammed bin Salman begrüßt Xi Jinping per Handschlag in RiadBild: Bandar Al-Jaloud/AFP

Ein längerer Händedruck, ein freundliches Lächeln: China und Saudi-Arabien meinen es mit guten Beziehungen ernst, daran ließ der Fototermin von Xi Jinping und Mohammed bin Salman keinen Zweifel. Das Verhältnis beider Staaten ist gut, gaben der chinesische Staatspräsident und der saudische Kronprinz - inzwischen Regierungschef  und de facto seit langem der Herrscher des Landes - zu verstehen. Und in Zukunft soll das Verhältnis noch besser werden.

Zuvor hatte die Sprecherin des chinesischen Außenamts, Mao Ning, die Erwartungen an den Besuch umrissen. "Wir hoffen, mehr gemeinsame strategische Absprachen zu wichtigen regionalen und internationalen Fragen treffen zu können, um unsere Entschlossenheit zur Stärkung der Solidarität und Koordination, zur gegenseitigen Unterstützung, zur Förderung der gemeinsamen Entwicklung und zur Verteidigung des Multilateralismus deutlich zu machen", so Mao.

 Öltanker am Hafen von Ras al-Khair in Saudi-Arabien
Öltanker am Hafen von Ras al-Khair in Saudi-Arabien Bild: Giuseppe Cacace/AFP/Getty Images

Ähnliche Erwartungen hegt auch Saudi-Arabien. "Der Wunsch des Königreichs Saudi-Arabien, die bilateralen Beziehungen mit China auszubauen, ist Teil seiner strategischen Pläne, seine bilateralen Beziehungen und Partnerschaften mit allen einflussreichen Ländern und internationalen Mächten zu stärken und ausgewogene Beziehungen mit ihnen aufzubauen", heißt es in einem kurz vor dem Treffen veröffentlichen Artikel der offiziellen saudischen Nachrichtenagentur Saudi Press Agency (SPA).

Schlechte chinesisch-amerikanische Beziehungen als Hintergrund

Der Zeitpunkt des Besuchs komme nicht von ungefähr, sagt Anna Marti, Leiterin des Büros der Friedrich-Naumann-Stiftung in Taipeh. Der habe zunächst eine ökonomische Dimension: Angesichts der globalen Energiekrise setze China auf eine weitere Anbindung an den Energieriesen Saudi-Arabien. Aber nicht nur deshalb: Die Annäherung an Riad sei auch eine Reaktion auf den wachsenden Druck der USA. So wurde dieser Tage bekannt, dass die Regierung von Präsident Biden weitere Sanktionen gegen China verhängt. Begründet würden sie durch Menschenrechtsverstöße und Pekings mutmaßlich illegalen Fischfang im Pazifik, heißt es in einem am vergangenen Freitag erschienenen Artikel des "Wall Street Journal". Anfang Oktober hatten die USA bereits Exportbeschränkungen für Lieferungen an an die chinesische Halbleiter-Industrie verhängt.

In den Beziehungen zu Saudi-Arabien kommt China entgegen, dass sich die Beziehungen zwischen jenem und den USA seit dem Mord an dem saudischen Regimekritiker Jamal Khashoggi 2018 in der saudischen Botschaft in Istanbul deutlich verschlechtert haben. Auch dass die erdölexportierenden Länder - in ihnen haben Riad und Moskau erheblichen Einfluss - ihre Rohölproduktion trotz des Preisanstiegs gedrosselt haben, sorgte in Washington für Verärgerung.

"In dieser Situation hofft Peking, sich als Alternative in der Region profilieren können", sagt Marti. "Umgekehrt könnte eine engere Anbindung Saudi-Arabiens an China dem Königreich dabei helfen, seine internationalen Partnerschaften zu diversifizieren und damit den starken amerikanischen Einfluss auszubalancieren."

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China und Saudi-Arabien bei inhaftierten Journalisten weit vorn

Dass sie die Annäherung suchen, hatten beide Staaten einander bereits signalisiert. Während Saudi-Arabien angesichts des repressiven Umgangs Pekings mit den Uiguren kaum Kritik äußerte, hielt sich China in dem Mordfall Khashoggi zurück: Man ließ die saudische Erklärung gelten, der Mord sei nicht geplant, sondern Ergebnis eines misslungenen Einsatzes gewesen. US-Geheimdienste hingegen machen MBS, so die gängige Abkürzung des Namens des saudischen Führers, für den Mord klar verantwortlich. Dieser Sichtweise schloss sich auch US-Präsident Biden an.

Menschenrechte seien aber in den chinesisch-saudischen Beziehungen kein Thema, sagt Marti. "Damit sieht sich Peking gut positioniert um aus der aktuell schlechten Stimmung zwischen Washington und Riad geopolitisches Kapital zu schlagen und sich durch Ausweitung seiner Beziehungen als alternative Supermacht zu profilieren."

Anbindung an Chinas Neue Seidenstraße 

Dabei spielen auch die wirtschaftlichen Beziehungen eine Rolle. Bereits jetzt ist das Königreich einer wichtigste Rohöl-Lieferanten Chinas: Ein Viertel seiner gesamten Produktion geht an das Reich der Mitte. Auch auf anderen Feldern gehen die beiden Staaten aufeinander zu: Insgesamt, so der Sender "Al Echbarija", sollen in den Bereichen Energie, Informationstechnologie Transport und Bauwesen 20 Abkommen abgeschlossen werden. Ihr Gesamtwert: knapp 28 Milliarden Euro. Zudem, so SPA, vereinbarten beide Seiten, die saudische Reformagenda "Vision 2030" mit Chinas globaler Infrastrukturinitiative BRI/ Neue Seidenstraße abzustimmen.

Eine chinesische Rakete ("Langer Marsch") bringt zwei saudische Erderforschungssatelliten in die Umlaufbahn.
Eine chinesische Rakete ("Langer Marsch") bringt 2018 zwei saudische Erderforschungssatelliten in die Umlaufbahn.Bild: picture-alliance/dpa/Imaginechina/A Ran

Darüber hinaus wollen beiden Seiten bei Cloud-Computing-Technologien und der Errichtung von Hightech-Zentren zusammenarbeiten, mit Beteiligung des chinesischen Konzerns Huawei. Dieser engagiert sich trotz Bedenken der USA am Aufbau von 5G-Netzen in mehreren Golfstaaten. Auch bei der Entwicklung militärischer Drohnen arbeiten beide Staaten zusammen. Für China geht es bei derartigen Kooperationen auch darum, seine technischen Standards international zu verbreiten und damit ein Gegengewicht zu denen der USA zu setzen.

Naher Osten im globalen Kräftemessen

So sei die neue Zusammenarbeit zwischen China und Saudi-Arabien nicht zu unterschätzen, deutet die Zeitschrift "Foreign Policy" an. Im Spannungsverhältnis zwischen den Vereinigten Staaten auf der einen und China und Russland auf der anderen Seite werde sich Saudi-Arabien nicht nur weigern, sich für eine Seite zu entscheiden: "Vielmehr wird es sich wahrscheinlich auch Peking und Moskau annähern, wenn es seine eigenen Interessen rechtfertigen." Xi nahm während seines Besuchs auch an einem Gipfelreffen des sechs Staaten der arabischen Halbinsel umfassenden Golf-Kooperationsrates sowie an einem Treffen mit Politikern der Arabischen Liga teil. Mehr und mehr gerät der Nahe Osten in das Spannungsfeld des Kräftemessens zwischen den rivalisierenden globalen Mächten und Allianzen.

 

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika